Interview mit Alassa Mfouapon
„Alassa liebt die Solidarität“ so andere Bewohner der LEA in Ellwangen über ihn.
Alassa Mfouapon ist ein führender Aktivist des berechtigten solidarischen Widerstands von Flüchtlingen im baden-württembergischen Ellwangen. Er wurde vom deutschen Staat ausgerechnet am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, rigoros nach Italien abgeschoben.
Solidarität International:Wie bist du aus deinem Land entkommen?
Alassa Mfouapon:Meine Mutter gab mir den Rest unseres Geldes, damit ich zu ihrem Bruder nach Algerien fliehen konnte. Wir blieben zwei Jahre in Algerien. Dann begann Algerien, Afrikaner in ihre Heimatländer abzuschieben. Wir gingen dann nach Libyen, um zu versuchen, nach Italien zu kommen. Doch in Libyen wurde ich entführt und neun Monate ins Gefängnis gesteckt. Mein Sohn starb und meine Frau wurde psychisch krank. Deshalb reiste ich zum Schluss alleine und erreichte Italien am 27. August 2017.
Welche Rolle spielt euer Widerstand und eure Solidarität in der LEA gegen die Abschiebung?
Der Widerstand in der LEA und die Solidarität begannen, als ich in der Sozialstation der LEA arbeitete. Jeden Tag bekamen die Leute Briefe vom BAMF1 und bei 80 Prozent von ihnen ging es um einen Fall nach der Dublin-III-Regelung2 und eine Rückkehr nach Italien. Das verwirrte die Menschen und sie bekamen psychische Störungen. Wir schrieben einen Brief an den Leiter der Einrichtung mit der Bitte um Hilfe in dieser Lage und er hielt sein Versprechen. Dann mussten wir in Solidarität zusammen stehen und „Nein“ sagen, weil Dublin zu viel war und uns schadete.
Welche Rolle spielen die europäischen Regierungen?
Die Regierungen nutzen ihren Status, um arme Menschen zu beeinflussen und Flüchtlinge einzuschüchtern, um ihnen zu zeigen, dass sie weniger Wert sind und in Europa keine Rechte haben.
Wie ist die Lage der Flüchtlinge in Italien, in der Schweiz und in Deutschland?
Menschen, die nach Italien abgeschoben werden, schlafen auf der Straße, am Bahnhof, in einer Kirche. Diejenigen, die versuchen, in die Schweiz zu fliehen, werden verhaftet und müssen für zwei Monate ins Gefängnis, bevor sie nach Italien ausgewiesen werden. Und wenn man Italien erreicht, ist man obdachlos und illegal.
Was waren die Gründe für deine Abschiebung aus der LEA?
Bei meiner Abschiebung ging es um einen Fall nach dem Dublin-Abkommen. Aber ich glaube, Dublin wird als Vorwand genommen, um mich zu verfolgen. Denn in dieser Woche hatten sie das System geändert und es rücksichtsloser gemacht, um mich zurückzuführen und mich schlecht zu behandeln, weil ich einer der Aktivisten der Demonstration am 9. Mai in Ellwangen3 war.
Was kannst du über unsere gemeinsamen Aufgaben sagen?
Wir alle kämpfen aus dem gleichen Grund. Nicht die Migranten sind das Problem. Wir könnten dies alles beenden, wenn wir uns als gleichberechtigt betrachten und es jedem Flüchtling überlassen, sich das Land auszusuchen, in dem er bleiben möchte und dort um Asyl bittet. Und was unser Land betrifft, so können wir eines Tages zurückkehren, wenn alles gut geht und Freiheit herrscht.
Vielen Dank für das Interview!
1 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
2 Die Dublin-III-Regelung der EU sieht die Abschiebung von Flüchtlingen in das jeweilige europäische Erstaufnahmeland vor
3 Demonstration unter der Losung „Jetzt reden wir!“ – sie richtete sich gegen den martialischen Polizeieinsatz am 3. Mai in der LEA, mit dem der Widerstand gegen die Abschiebung eines togolesischen Kameraden, der zuvor bereits bundesweit Schlagzeilen machte, gebrochen werden sollte