Leben und Kampf im Township Smiling Valley

Bei einem Aufenthalt als Brigadistin für die 2. Internationale Automobilarbeiterkonferenz (IAC) in Südafrika hatte Irene vom Marikana-Vorstand die Gelegenheit, ein Interview mit Frauen eines kämpferischen Stadtteilkomitees in Smiling Valley zu machen. Smiling Valley ist eine wilde Siedlung am Rande des Townships Mdantsane bei East London. Der Marikana-Vorstand in Deutschland hat beschlossen, den Kampf des Stadtteilkomitees für bessere Lebensbedingungen mit Informationen, Geld- und Sachspenden zu unterstützen. Das wird unser nächster Schwerpunkt, nach der Unterstützung der IAC in Südafrika. Als Sachspenden werden in Südafrika z.B. Brillen und Brillengestelle benötigt, ausgemusterte Handys (mit intaktem Akku und Ladekabel) oder Powerbanks, auch um langanhaltende Stromausfälle zu überbrücken. Gloria, Nobantu und Flacki berichten über ihr Leben und den mutigen und ausdauernden Kampf in Smiling Valley.

Leben und Kampf im Township Smiling Valley

Interview von Irene-Marikana-Vorstand mit 3 Frauen, die in Smiling Valley leben.

Ihr lebt alle im Township Smiling Valley. Bitte berichtet uns von eurem Leben und eurem Kampf

Nobantu: das Township Smiling Valley gibt es seit 1994. Dort wohnen etwa 1000 Menschen, die sich das Land genommen und ihre Shacks (einfache Hütten aus Wellblech) darauf gebaut haben. Zuerst hatten wir überhaupt kein Wasser, keinen Strom und keine Toiletten.

Gloria: Seit 2016 haben wir aufgrund eines Kampfes mit der Stadtverwaltung Wasser bekommen. Aber nicht für jedes Haus. Wir müssen uns das Wasser mit Eimern von einer etwa 2 km entfernten Wasserstelle holen. Ihr könnt euch denken, wie mühselig das ist.

Flacki: Aber das sind nicht unsere einzigen Probleme. Es gibt keine Schule und kein Krankenhaus. Die Kinder haben einen langen Weg zur Schule durch den Busch. Das ist sehr gefährlich, weil es dort Schlangen gibt.

Gloria: Nicht nur Schlangen. Dort verstecken sich Kriminelle und es werden immer wieder junge Mädchen und Frauen vergewaltigt, manchmal auch getötet.

Nobantu: es wird auch viel gestohlen, zum Beispiel das Vieh, das sich die Leute auf ihrem Grundstück halten und wovon sie auch leben. Diese Kriminellen sind Tag und Nacht unterwegs.

Flacki: wir können noch nicht mal die Polizei rufen, weil unsere Handys wegen fehlender Elektrizität oft nicht aufgeladen ist. Auch unsere Nahrung verdirbt sehr schnell, weil wir keinen Kühlschrank haben.

Gloria: ein weiteres Problem ist das der Hygiene. Die einfachen Toiletten, ohne Wasser ziehen natürlich Mücken und anderes Viehzeug an. Dadurch werden Krankheiten übertragen. Vor allem die Kinder leiden darunter. Viele Kinder haben auch Krätze.

Nobantu: dann gibt es hier auch noch eine Großfleischerei. Sie lassen das ganze Blut vom Schlachten in den Nahoon River ein, der mit drei Dämmen gestaut wird und Seen bei uns in der Nähe bildet. Überall stinkt es dann und das ist ebenfalls eine Quelle für Krankheiten.

Wie habt ihr bisher dagegen gekämpft?

Gloria: wir organisieren die Menschen in der Gemeinde. Den ersten großen Kampf hatten wir im August 2012. Wir gingen morgens um 3.00 zum Highway und zündeten Reifen an. So müssen die Leute von der Stadtverwaltung einen großen Umweg zu ihrer Arbeitsstelle machen.

Nobantu: Acht Menschen wurden dabei verhaftet, darunter auch ich. Sie mussten uns aber aufgrund des Protestes nach einem Tag wieder freilassen. (Sie lacht dabei).

Gloria: Jetzt haben wir einen weiteren Kampf begonnen. Wir zogen in einem friedlichen Marsch zur Stadtverwaltung und übergaben ein Memorandum. Eine Angestellte nahm es entgegen und versprach, dass wir in zwei Wochen eine Antwort bekämen. Bisher gab es keine Antwort. Wir sind dreimal hingegangen und haben nie jemand von den Verantwortlichen angetroffen.

Nobantu: für nächste Woche planen wir ein Meeting mit der Gemeinde. Von der Stadtverwaltung laden wir niemanden mehr ein, weil sie sowieso nicht kommen.

Gloria: Das Ziel des Meetings ist, zu klären, wie wir unseren Forderungen im nächsten Jahr Nachdruck verleihen können. Das wird dann demokratisch abgestimmt. Der Vorstand unseres Komitees, in dem auch Nobantu und ich mitarbeiten, hat entschieden, auch andere Organisationen außer der CPSA(ML) (Communist Party South Africa – Marxisten-Leninisten), die im Komitee bereits vertreten ist, zur Unterstützung einzuladen. z.B die EFF (economic freedom fighters), den PAC (Panafrican Congress) und auch den ANC, weil man mit den Mitgliedern zusammenarbeiten muss. Auch die Frauenorganisation „Abanqobi-Women Together“ und die South-African-German Friendship Society Marikana unterstützen das.

Könnt ihr uns etwas über eure Vorstandsarbeit berichten?

Nobantu: der Vorstand organisiert die Kämpfe. Wir machen den Menschen klar, dass sie für ihre Rechte kämpfen müssen. Die Menschen müssen aufwachen!

Gloria: Wir sprechen auch darüber, dass man im Kapitalismus immer kämpfen muss und dass der Kampf geführt werden muss gegen die gesamte Ausbeutung und Unterdrückung bis wir den Sozialismus erreicht haben, wo es keine Ausbeutung und Unterdrückung der Massen mehr gibt.

Irene: Wie könntet ihr euch eine Zusammenarbeit und Unterstützung mit der deutsch-südafrikanischen Freundschaftsgesellschaft Marikana vorstellen?

Gloria: Das wichtigste ist, dass ihr die Zustände in Smiling Valley in Deutschland bekannt macht. Den Leuten sagt, wie es uns geht. Schön wäre es, wenn wir ein gemeinsames Hilfsprojekt hätten. Damit die Menschen hier sehen, dass sie in ihrem Kampf nicht alleine stehen. Die internationale Solidarität ist so wichtig für uns. Wir haben in Smiling Valley schon etwa 50 Mitglieder für die südafrikanisch-deutsche Freundschaftsgesellschaft Marikana gewonnen, weil die Menschen den Gedanken der internationalen Solidarität verstehen.

Nobantu: Vielleicht könnt ihr auch Spenden und Medikamente sammeln. Wir können z.B. auch ein kleines Haus brauchen mit einem Stromgenerator, wo man Medikamente kühlen kann. Dort könnte man die Menschen auch beraten.