Staatssekretärin Ankie Broekers-Knol antwortete auf eine parlamentarische Anfrage

Die zuständige niederländische Staatssekretärin Ankie Broekers-Knol antwortete auf eine parlamentarische Anfrage zu den Zuständen im neuen Camp auf Lesbos.

»Die griechischen Behörden haben sich zusammen mit der Europäischen Kommission, der UNO und verschiedenen NGOs bemüht, das neue Auffanglager Mavrovouni (Kara Tepe) auf Lesbos besser und geräumiger zu machen als seinerzeit Moria. Es ist sechsmal so groß und jeder hat ein Dach, wenn auch nur ein Zelt, über dem Kopf, auch die hygienische Lage ist besser als in Moria: Die Europäische Kommission und das UNHCR berichten: das Lager habe mehr Toiletten, Duschen und Wasserstellen. Die Entwässerung funktioniere nach anfänglichen Problemen einwandfrei funktioniert und die Abfallentsorgung wäre Ordnung.«

»Zudem kann ich Ihnen mitteilen, dass die Untersuchung der griechischen Behörden bezüglich der Bleiverunreinigung im Lager Mavrovouni ergaben, dass der Bleigehalt in den Wohngebieten innerhalb der akzeptablen Grenzen liegt.“

Von Flüchtlingen gegrabene Abflussgräben, 36 funktionierende Duschen mit Warmwasser, eklige Chemietoiletten, KEIN fließendes Wässer, ein notdürftig, hauptsächlich von Flüchtlingen selbst verlegtes Stromnetz sowie die Tatsache, dass in Europa JEDER eine Zeltplane über dem Kopf hat, werden in der EU als echte Erfolge gewertet. Allen Ernstes erklären Vertreter der EU-Kommission, nationaler Regierungen und Griechenlands, wie prima alles eigentlich alles ist, was sie gebaut haben.

Damit dies auch funktioniert werden Journalisten nicht ins Camp gelassen. Flüchtlinge, die mit Mobiltelefonen ihren tristen Alltag zu dokumentieren versuchen, werden, wo es geht, daran gehindert Bilder aufzunehmen.

Wir fragen uns: Sie meint, wir lügen, wenn wir über unsere Situation schreiben und sie dokumentieren? Sie vermutet, dass Medecins Sans Frontieres und all die anderen lügen?

Sie glaubt wirklich, dass dies der Weg wäre mit diesen Problemen umzugehen? Sie denkt, dass die Bilder von den Überschwemmungen und dem Wind gemacht wurden, nicht von hier wären?

In den Ländern, aus denen wir geflohen sind, sind wir Politiker gewöhnt, die ebenso reden. Wir glaubten aber, dass es in Europa anders sei.

Wir laden Mrs. Broekers-Knol ein, kommen Sie und verbringen eine Nacht hier in einem Zelt ohne Heizung bei Wind. Benutzen Sie diese Toiletten zu benutzen und dieses Essen an einem Tag bei Schnee und Regen. Sie sind herzlich willkommen.

Endlich hat das schlechte Wetter vorerst aufgehört und heute fühlt sich wie Frühling an. Die Aktivitäten laufen auf so vielen Feldern: In den Lagern packen die Teams für das Recyclingprojekt, Moria White Helme reinigen die Hauptstraßen und das Camp, Moria Academia unterrichtet nicht nur, sondern hilft, die Zelte zu sichern, in unserem Büro in Mytilene haben wir eine Konferenz zur Verbesserung der E-Learning-Plattformen. Und natürlich auch heute ist der Strom im Camp repariert und die Katzen gefüttert.

Wir möchten uns nochmals bei allen Organisationen und Einzelpersonen bedanken, die uns unterstützen, all diese Projekte zu ermöglichen.

Raed Alobeed

′′ Die Situation in Kara Tepe ist, was man sieht, das heißt, es ist scheiße, und der Winter mit der Kälte und dem Regen macht es schlimmer. Mit dem Team von Moria White Helme, das derzeit 135 Personen ist, arbeiten wir mit der Gemeinde in Reinigungsproblemen zusammen, wir helfen auch in verschiedenen Bereichen und wo immer wir können. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht leide, nicht weine, aber ich versuche, stark und optimistisch für mich und die anderen um mich herum zu bleiben, um eine Ganzheit und Zusammenarbeit zu haben, denn jeder hier, wo auch immer wir herkommen, ist in derselben Art und Weise Schlechte Situation. Ich würde überall dort bleiben, wo ich einen normalen Job finden könnte, in Griechenland oder wo auch immer ich akzeptiert werde, sicher und respektiere meine Rechte. Ich würde auch gerne eines Tages nach Hause zurückkehren und dort sterben, wenn meine Zeit gekommen ist, nicht jeden Tag in einem offenen Gefängnis sterben.“

Thomas Osten Sacken

Was macht eigentlich eine NGO bzw. ein Hilfswerk?

Diese Frage sollte man sich schon hin und wieder stellen. Nun die meisten sind quasi Makler zwischen lokalen Partnern, die vor Ort, meist schlecht bezahlt, die ganze Arbeit leisten und auch noch den Papierkram erledigen müssen, und Spendern im reichen Norden.

Die NGO tut so, als sei sie via ihre Partner vor Ort aktiv (was nicht stimmt, sie überweist in 90% der Fälle nur Geld und will dafür Bilder, Finanzberichte und Proposals) und sammelt eben Geld.

Dann behält sie zwischen 25% und 40% für ihre Verwaltung, Gehälter und „Fundraising“ und schickt den Rest „runter“.

Das heißt, wer an eines der großen Hilfswerke in Deutschland oder Österreich spendet, finanziert immer gehörig einen ganzen Apparat mit, bei dem man sich zunehmend fragt, wofür der eigentlich gut sein soll.

Das gilt genauso für alle Steuergelder, die in die Entwicklungszusammenarbeit fließen, von denen bleiben mindestens auch 25% in allerlei Evaluierungsinstituten, Beraterfirmen und den Hilfswerken stecken über die diese Gelder in der Regel abgewickelt werden.

Hier ein Beispiel einer durchaus in Deutschland und Österreich bekannten Organisation – Namen möchte ich nicht nennen, weil es eben nur ein Beispiel unter vielen ist – wie diese Praxis aussieht.

Sie spenden 100 Euro, 65 davon kommen vor Ort an. Solche Zahlen finden sich dann in den Finanzberichten, die meistens gut versteckt irgendwo als .pdf auf der Homepage ein meist ungelesenes Dasein fristen.

Natürlich (und völlig zurecht) muss auch der Partner vor Ort Gehälter, Mieten und laufende Kosten decken, d. h. es fallen noch einmal diese Kosten an. Handelt es sich um einen seriösen Partner, sind das ca. 20%, bei unseriösen gerne ebenfalls 35% – 50%. Damit erreichen dann maximal die Hälfte des gespendeten Geldes ihr Ziel.

(Und nein, das gilt ganz sicher nicht für alle, leider aber für viel zu viele.)