Weltfrauenkonferenz: Gespräch mit Textilarbeiterin aus Bangladesch und anderes

Mit 2 Frauen aus der Bundesvertretung und anderen Mitgliedern war Solidarität International e.V. auf der Weltfrauenkonferenz in Tunis aktiv vertreten. Neue Kontakte wurden geknüpft und das Übersetzerbüro mit organisiert. Mit einer beeindruckenden Auftaktdemo und Kundgebung begannen am Sonntag 6 aufregende Tage, die mit einer wegweisenden Abschlussresolution am Freitag Abend zu Ende ging.

Eindrücke und Begegnungen

Die Weltfrauenkonferenz in Tunesien war ein tolles Zusammenkommen von Frauen aus der ganzen Welt. Die kurzfristige Verlegung des Veranstaltungsortes war besonders für die Versorgung eine große Herausforderung, da die geplante Verpflegung nicht mehr möglich war. Auch die ungewöhnlich große Hitze machte vielen zu schaffen. Auf die Straße sollte niemals eine alleine gehen, mindestens zu zweit, im Gebäude konnten wir uns sicher und frei bewegen und begegnen. Vor den Türen wurde gut darauf geachtet, wer das Gebäude betritt. Dieses friedvolle Miteinander, trotz teilweise auftretender deutlicher Differenzen, hatte eine große Anziehungskraft auch auf Tunesier. Allerdings war das Programm so dicht, dass vor allem für die Delegierten kaum Zeit war für Treffen zwischen den Organisationen.

Insgesamt gab es Montag und Dienstag etwa 30 Workshops. Einer davon war von Frauen aus Kamerun. Weitgehend unbemerkt im In- und Ausland herrscht dort seit Jahren ein Bürgerkrieg gegen die anglophone Minderheit. Besonders bestürzend ist die verzweifelte Situation der Frauen und Kinder, das wurde auf dem Workshop deutlich. Es geht ums nackte Überleben. Umso wichtiger ist es, diese Zustände so breit wie möglich bekannt zu machen. Der Frauenverband SCEW e.V. hat seinen Sitz in Duisburg und ist über verschiedene europäische Länder organisiert. SI ist teilweise schon bekannt, nun streben wir eine Zusammenarbeit als Organisationen an. Es geht zunächst um Information, so dass SCEW ab sofort regelmäßig Artikel über Hintergründe und Aktuelles in unserem Newsletter veröffentlichen wird.

Gespräch mit Joly Talukter, Vorsitzende der Textilarbeiterinnen Gewerkschaft GWTUC, Bangladesch

Joly berichtet über die schwierigen und harten Arbeits- und Lebensbedingungen denen die Textilarbeiterinnen ausgesetzt sind. Die meist jungen Frauen sind in fabriknahen Gebäuden untergebracht mit 6-8 Personen in einem Zimmer zum Schlafen. Diese Gebäude sind zwar abgesondert und bewacht, können aber von den Arbeiterinnen auch verlassen werden. Sie arbeiten ca. 14 – 16 Std. täglich und können ihre Familien, die meist in abgelegenen Dörfern wohnen nur 2x im Jahr eine Woche zu besonderen Feiertagen besuchen. Die Kinder werden von den Großmüttern aufgezogen.

Während der Pandemie fand eine große Gewerkschaftsversammlung statt in der die Frauen anprangerten, dass es zwei Jahre lang diese Feiertage nicht gab und die Frauen ihre Familien nicht sehen konnten. Während der Corona Pandemie forderte die Gewerkschaft die Schließung der Fabriken und bezahlte Freistellung der Arbeiterinnen. Dies wurde zunächst in Zusammenarbeit von Regierung und Arbeitgebern verhindert. Rechte der Arbeiterinnen wurden abgebaut und sie wurden gezwungen über drei Monate ohne Bezahlung zu arbeiten. Viele Menschen starben. Im März 2020 wurden landesweit Proteste und Streiks organisiert und die teilweise Schließung von Fabriken erzwungen. Die Arbeiterinnen wurden freigestellt und von der Regierung finanziell unterstützt. Unter den Arbeiterinnen wurde ein Solidaritätsfond organisiert um die schlimmsten Härten abzumildern.

Auch der Kampf gegen Sexismus und Gewalt an Frauen ist eine wichtige Auseinandersetzung in der Gewerkschaft.

Die Beschäftigung von fünf hauptamtliche Organizerinnen, zur Gewinnung der Arbeiterinnen als Gewerkschaftsmitgliedern und der Organisierung von Aktionen und Streiks hat sich sehr bewährt. Aus der Spendensammlung von Solidarität International e.V. zur Finanzierung der hauptamtlichen Gewerkschaftsarbeit unter den Textilarbeiterinnen konnten weitere 2.400 Euro persönlich übergeben werden. Joly Talukter bedankt sich sehr bei allen Spenderinnen und verspricht, wenn die Zeit es ihr erlaubt, sich in Zukunft öfter mit Berichten aus Bangladesch zu melden und freut sich über die gemeinsame Zusammenarbeit im Kampf für eine weltweit befreite und lebenswerte Zukunft.

Unterwegs im Taxi

In den Straßen von Tunis fahren jede Menge Taxis. Doch meist sind sie belegt, zu erkennen an dem grünen Lämpchen, rot bedeutet frei. Der ÖPNV ist in Tunis schlecht ausgebaut, in manch einem Viertel gibt es keinen Bus, so dass die Bewohner auf die Taxis angewiesen sind. Manch ein Fahrer muss 14 Stunden arbeiten an 6 Tagen die Woche, um die Familie zu ernähren. Fahrten gehen einfach mal falsch herum durch Einbahnstraßen, über rote Ampeln, oder auf einer breiten Straße ohne Markierung 3 Spuren in die eine Richtung, am Rande drängt sich ein Auto mühsam in die andere Richtung, später ist es dann andersherum. Einige Taxifahrer sind sehr offen und an Sprachen interessiert, das waren kurzweilige, lustige Fahrten. “Deutsche sind sehr streng und korrekt: rot ist rot, das ist so und 1+1=2. Wir Araber sind da beweglich und schlängeln uns durch. In Deutschland wäre ich längst im Gefängnis.“ Rechts und links, bitte nur auf Deutsch. Am Ende wollte er den exakten Fahrpreis, ohne Trinkgeld, korrekt. „Oh my gooood“, es gibt wenige Touristen, die in Tunis bleiben, aber viele Tagesgäste von Kreuzfahrtschiffen. 25 Jahre als Taxifahrer und internationales Fernsehen, schon geht Kommunikation auf vielen Sprachen, mit dem richtigen Slang und guter Aussprache. „Oh mein Gott. Siempre viendo televisión. Willkommen. Oh, my gooood, yeah. Tunesische Frauen sind die Chefs im Haus. Wir Männer geben ihnen am Abend unseren Verdienst. Viele Frauen arbeiten selbst, in der Verwaltung, bei der Polizei, … Scheidungen sind schwierig, die Frauen bekommen alles, oh my god. Mir geht es gut: ich habe nur eine Frau und 4 Kinder.“

Auf den Taxifahrten kann man viel über das Leben der Menschen in Tunis erfahren. Andersherum studieren die Fahrer auch ihre Gäste, die ganze Welt in ihrem Auto. Viele von ihnen sind sehr neugierig und weltoffen.