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15.12.2020 – Michalis berichtet aktuell

Unser größtes Problem sind zurzeit die starken Regenfälle und die Überschwemmungen im Lager Kara Tape. Die Selbstorganisationen arbeiten gemeinsam mit vielen Flüchtlingen damit wir nicht mit den Zelten ins Meer gespült werden. (Siehe Bilder)

Ich, und alle Inselbewohner mit Ortskenntnis, erklärten bereits im September, dass das neue Lager in einer Windschneise direkt am Meer liegt, und wenn es regnet gibt es ein Chaos. Das ist jetzt der Fall. 7300 Menschen sitzen nun in überschwemmten Zelten. Sie müssen durch Wasser und Schlamm laufen um zu den Toiletten zu gelangen. Es gibt kein warmes Wasser, und keine Duschmöglichkeit. Durch den starken Regen wurde so viel Erde weg geschämt, dass überall Munitionsreste zu sehen sind, das vor allem für die Kinder sehr gefährlich ist. Früher war dies ein Schießübungsplatz. Über diese bekannte Risiken und Gefahren wird bewusst hinweggesehen

Wir versuchen, zu tun was mit unseren Kapazitäten möglich ist. So packte eine Gruppe trockene Kleidung, Matratzen und Schlafsäcke, für die deren Zelte überflutet waren. Und im Lager versuchten die Moria-Weißhelme, Strom zu reparieren, wo immer er gebraucht wurde.

Es regnet und regnet und sollte noch zwei weitere Tage anhalten.

Natürlich behebt das nicht die grundlegenden Probleme, aber für die nächsten Tage ist nun kaltes Wetter mit starkem Wind angesagt und wenigstens haben ein paar Leute jetzt wieder trockene Sachen bis der nächsten Regen kommt. Es ist zum Wahnsinnig werden, dass hier weiterhin über 7000 Menschen in solchen Verhältnissen hausen müssen.

Für heute haben wir eine große Verteilung von trockenen Schlafsäcken, Matratzen, Kleidung und anderen Sachen an alle, deren Zelt nass geworden ist, vorgenommen.

Die Flüchtlinge leben seit März mit scharfen Lockdownregeln. Sie können ohne triftigen Grund das Lager nicht verlassen. Seit Mitte März gibt es keine Schulausbildung und Freizeitmöglichkeiten außer was unsere Selbstorganisationen anbieten. Diverse Bildungsmöglichkeiten, die von christlichen NGOs angeboten werden, wurden anfangs von den Frauen und Kinder genutzt. Sie versuchen daraus ihren eigenen Nutzen daraus zu ziehen in dem sie christliche Inhalte ins Zentrum rücken.

Wenn man einen Arzt aufsuchen will, muss dies einen Tag vorher angemeldet werden und nur die Lagerpolizei ist berechtigt einen Krankenwagen zu rufen. Arztbesuche müssen bis spätestens einen Tag vorher angemeldet werden.

Die Flüchtlinge werden, wie die übrigen Bürger des Landes auch, von der Polizei kontrolliert. Die Polizei verhängt für jede erdenkliche Kleinigkeit Bußgelder und geht dabei, sehr autoritär vor. Am vergangenen Freitag lief solch eine Kontrolle von Insassen von Kara Tepe vollkommen aus dem Ruder. Die Beamten legten Asylbewerbern Handschellen an und schlugen und traten auf sie ein. Dies hat eine große Empörung auf der Insel hervorgerufen und es ist heute bekanntgeworden, dass diese Beamten festgenommen wurden.

Was uns fassungslos macht ist, ein aktueller Vorfall: Ein dreijähriges Mädchen, ein Kind einer Familie von Asylbewerbern aus Afghanistan, wurde am Montagabend bewusstlos im Schlamm des neuen Lagers in Kara Tepe gefunden. Das Kind blutete und nach der ersten Diagnose von Ärzten, die im Lager waren und es untersuchten, ist es vergewaltigt worden. Die Polizei untersucht den Fall. Aber der Schock ist sehr groß. Keiner kann diese bestialische Tat begreifen.

Die Behörden behindern die Bildungsarbeit. Sie fördern vor allem die christliche Organisationen, die heimlich versuchen, die christliche Lehre zu verbreiten. Seit Mitte Oktober sind sie verschwunden. Da wir kein Zelt bekommen und im Winter Zelte ungeeignet für Unterricht sind wollen wir zwei ausrangierte Busse so umbauen, dass sie coronagerecht werden mit Gasheizung versehen und wollen Computer rein stellen usw. Den Umbau übernehmen die Flüchtlinge es gibt genug Ingenieure und Facharbeiter unter den Flüchtlingen. Diese zwei Busse kosten jeweils 4000 Euro. Ich muss noch eine Genehmigung bekommen für den Abtransport. GeZa

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