Dr. Mohanna berichtet von seiner Haft in Israel

Nach zwei Jahren Haft in israelischen Gefängnissen ist Dr. Mohanna, leitender Arzt der Al Awda-Gesundheitsgesellschaft jezt wieder frei gekommen. Er berichtet hier vom barbarischen und rechtswidrigen Umgang mit wehrlosen Gefangenen durch das israelische Militär. Im Gespräch mit ICOR Hauptkoordinatorin Monika Gätner-Engel wurde der Eingang aller Spenden bestätigt. Hier kann der Spendenstand nachgesehen werden.

12. Dezember 2025, Bericht von Dr. Mohanna, Al Awda Gesundheitsgesellschaft, im Gespräch mit Monika Gärtner-Engel (Mitschrift):

Monika Gärtner-Engel: Herzlich Willkommen und an Dr. Ahmad Mohanna: Willkommen zurück aus dem Gefängnis! Konnten sie sich etwas erholen?

Dr. Ahmad Mohanna: Ich versuche es. Aber sie haben mich schon wieder zur Arbeit geholt.

Monika Gärtner-Engel: Wie geht‘s Ihnen und Euch allen?

Dr. Ahmad Mohanna: Gott sei Dank alles gut! … Er bedankt sich persönlich bei Monika, es ist ihm eine Freude mit uns zu sprechen. Er bedankt sich bei allen solidarischen Menschen in dieser großen Katastrophe, der wir seit der israelischen Aggression ausgesetzt sind. Er hat erfahren, dass die ICOR in Deutschland eine große Rolle spielt und Druck gemacht hat, damit die Gefangenen freigelassen werden. Es ist ihm eine Ehre, Monika persönlich kennen zu lernen.

Seine Erfahrung im Gefängnis war sehr lang und bitter. Er war ein Jahr und zehn Monate im Gefängnis. Um alle Details zu berichten, würde er Tage brauchen. Deshalb will er das Wichtigste zusammenfassen.

Seine Tortur hat angefangen am 17. Dezember 2023. Eine große Besatzungstruppe hat damals das Al Awda Krankenhaus attackiert. Sie haben sie gezwungen, fast nackt draußen in der Kälte zu stehen. Obwohl die israelischen Truppen wissen, dass das Al Awda Krankenhaus ein ziviles Krankenhaus ist, das nicht staatlich ist und dort v.a. Frauen und Kinder behandelt werden.

Sie haben von ihm verlangt, das Krankenhaus zu evakuieren. Das hat er immer verweigert, weil es so viele Verwundete in Gaza gibt. Im Norden Gazas gibt es kein anderes Krankenhaus mehr, wo die Leute noch hin könnten. Er war zu der Zeit der Manager aller Krankenhäuser des Al Awda Gesundheitsnetzwerks.

Die israelischen Truppen haben ohne Anlass vier Gruppen von Mitarbeitern verhaftet. Darunter war auch er. Sie haben ihn in das Sde Teiman Gefängnis gebracht. Das hat einen sehr schlimmen Ruf. 24 Tage haben sie ihn mit gefesselten Händen und verbundenen Augen festgehalten. In diesem Gefängnis wurde er physisch und psychisch gefoltert.

Die israelischen Soldaten haben versucht, unseren Widerstandswillen zu brechen. Sie haben uns immer zusammen geschlagen, Hunde auf uns gehetzt. Sie haben uns nur winzige Portionen an Essen gegeben, die nicht mal für ein fünfjähriges Kind reichen würden. Sie hatten nur sehr leichte Kleidung und nur ganz dünne Matratzen auf Asphaltboden. Sie hatten immer nur eine kleine Decke. Die Nacht war immer sehr kalt und lang, denn das Gefängnis liegt in der Wüste und dort fällt die Temperatur nachts unter Null Grad.

Sie haben uns gezwungen, 15 Stunden auf den Knien zu sitzen, ohne Pause. Das hat Spuren hinterlassen, bis heute habe ich Schmerzen in den Knien. Ich wurde körperlich angegriffen und mir wurden zwei Rippen gebrochen. Das war sehr schmerzhaft, ich konnte nicht atmen. Ich habe kein Schmerzmittel bekommen, obwohl ich darum gebeten habe.

Danach wurde er ins Negev-Naqab Gefängnis transportiert. Das Gefängnis liegt im Herzen der Wüste, das Klima ist nachts unheimlich kalt und tagsüber sehr heiß. Sie haben während der ersten Monate nur so wenig Essen bekommen, dass die meisten Gefangenen und auch er ca. 30 kg an Gewicht verloren haben. Manchmal haben sie im Essen Zigarettenkippen und Insekten gefunden. Das Essen war auch nicht gut gekocht. Das hatte zur Folge dass viele Magen-Darm-Probleme bekommen haben, wie anhaltende Verstopfung und Hämorrhoiden, was man hätte operieren müssen.

Es gibt keine Duschen, keine Hygienemittel. Sie hatten 7 Monate lang die gleichen Kleider an. Sie waren 40 Gefangene in einem Zelt, das nicht mehr als 50 Quadratmeter Fläche hatte. Dieses Zelt war kaputt, im Winter lief das Wasser einfach rein, während sie geschlafen haben. Sie haben sie immer nachts angegriffen, mit Hunden, Handgranaten, physisch geschlagen, beschimpft.

Die Gesundheitsversorgung wurde völlig verweigert. Er hat zwei Kollegen verloren, weil sie nicht medizinisch versorgt wurden. In allen Sektionen sind Dutzende verstorben.

Sogar an dem Tag, als ihre Entlassung beschlossen wurde und das Rote Kreuz Komitee draußen war, wurden sie immer noch misshandelt. Dieser Tag war sogar einer der schlimmsten. Im Gefängnis haben sie große Poster von Gaza aufgehängt, von den Städten und Straßen, die komplett zerstört sind und den Leichen. Sie haben drauf geschrieben „das neue Gaza“.

Sie haben in den Zelten Kameras angebracht und den Gefangenen verboten, irgendwas zu machen. Kein Sport, Unterhaltung, Vorlesungen, alles war verboten.

Da war komplette Nachrichtensperre. Sie wussten nichts, was in Gaza passiert, auch nicht was mit ihren Familien ist. Und auch die Menschen in Gaza wussten nicht, was mit ihnen passiert ist.

Er hat jetzt nur seine eigenen Eindrücke geschildert, aber es gäbe noch unendlich viel mehr, was man erzählen könnte.

Monika Gärtner-Engel: Das ist sadistisch. Wie hält man das durch?

Dr. Ahmad Mohanna: Wir waren einfach gezwungen, das auszuhalten und weiter zu leben für unsere Kinder und Familien.

Monika Gärtner-Engel: Vielen Dank für diesen Bericht und ganz großer Respekt, wie Sie das durchgehalten haben.

(Foto: Weihnachtswünsche der Kinder in Gaza – „Warme Zelte für die Kinder in Gaza“, „Keine Panzer, Keine Waffen mehr nach Israel“)

Drucken

SI Neuigkeiten per E-Mail

In der Regel nicht häufiger als monatlich

Der Newsletter kann jederzeit abbestellt werden. Deine Kontaktdetails werden nur zur Abwicklung des SI Newsletters und nicht kommerziell genutzt. Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.

Weitere Beiträge