„Ich finde es traurig, …

… dass Menschen in Staaten leben, um die Grenzen gezogen sind, die oft so viele Probleme machen.“ Das war das zusammen gefasste Statement des Juden Larry Zweig im Berufungsverfahren vor dem Nürnberger Landgericht, wegen angeblicher Verwendung verfassungsfeindlicher und terroristischer Zeichen.

Was war geschehen? Vor eineinhalb Jahren, genau am 6. Januar 2024, wurde Larry im Rahmen einer mehrstündigen Bündnisaktion für „Frieden im Nahen Osten“ angefragt, ob er als gläubiger Jude und Friedensaktivist eine kurze Rede halten könne. In seinem etwa fünfminütigen Beitrag sprach er sich für Geschwisterlichkeit und Freiheit aus für alle im Nahen Osten lebenden Menschen, „from the river to the sea.“ Dieser Teilsatz einer von der damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verbotenen Losung, brachte Larry eine staatsanwaltsschaftliche Anzeige und eine Verurteilung zu 50 Tagessätzen à 15 Euro ein. (Wir berichteten hier.)

Heute war nun die Berufungsverhandlung. Sie förderte Interessantes zutage! So zum Beispiel, dass ein abgestellter Polizist die gesamte Veranstaltung überwachen sollte, ob sich nicht Anrüchiges verbreite. Eine Maßnahme, wie zu allerbesten Bismarck-Zeiten. Doch die Zeit des Herrn Wachtmeister schien vertan. In den zahlreichen Wortbeiträgen äußerten sich wohl alle sachlich, kritisch und politisch gegen die Verbrechen des israelischen Staates und seiner Armee an der palästinensischen Bevölkerung und der Kumpanei der deutschen Regierung(en) dabei. Die Auflagen der Stadt, eben bestimmte Parolen, die Nancy Faeser ausschließlich der Hamas zuordnete, nicht zu verwenden, wurden deutlich verlesen und eingehalten. Vielleicht fand der Herr Wachtmeister seinen erfolglosen Einsatz etwas verdrießlich. Da muss sich doch etwas finden lassen! Die Auswertung der Aufzeichnung schien nun das gewünschte Resultat zu bringen. Ein gewisser Larry Zweig hat einen Teil jenes Satzes verwendet, der Nancy gar nicht gefiel. Potzblitz! Da lässt sich was draus machen! Das wird auch der Staatsanwaltschaft gefallen. Der ins Wanken geratene Rechtsstaat, er muss noch nicht fallen! Vielleicht hat der Kommissar gelächelt und von einem Karrieresprung geträumt? Wir wissen es nicht. Was wir wissen ist, dass Larrys Beitrag gar nichts mit irgendeiner Hamas-Losung zu tun hatte, die die Existenz Israels infrage stellen soll.

Das muss auch der Richter am Landgericht geahnt haben. Er führte die Verhandlung sachlich und aufmerksam und stellte an sie die Aufgabe, „andere Auslegungsmöglichkeiten“ von Larrys Aussage zu erforschen, als die, die im ersten Verfahren zu jenem Urteil geführt haben. Das ließ hoffen. Er führte dann die Befragung von Larry tatsächlich sehr gründlich, stellte kritische Zwischenfragen und gab Larry geduldig Zeit ausführlich zu antworten. Larry hat ruhig und ehrlich seine Motive und Einstellungen vorgetragen, unter anderem eben auch jenen denkwürdigen Satz oben. Es zeichnete sich ab, dass das Gericht geneigt sein könnte über einen Freispruch nachzudenken, alternativ wäre vielleicht die Einstellung des Verfahrens möglich? Eine Option, die von der Staatsanwaltschaft bisher kategorisch abgelehnt worden war. Nun, ein Griff zum Handy: „Das muss ich mit meiner Abteilung beraten“, schwups verschwand Frau Staatsanwältin nach draußen. Es waren dann noch mehrere Telefonate nötig, bis die „politische Abteilung“ grünes Licht gab zur Einstellung des Verfahrens unter der Auflage einer Zahlung von 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung. Nun war es an Larry, diesem Vorschlag zuzustimmen oder abzulehnen. Bei einer Ablehnung winkt der Freispruch, zugleich droht die dunkle Wolke einer erneuten Revision durch die Staatsanwaltschaft und welcher Richter sitzt dann dem Gericht vor? Wer will hier über Larrys Entscheidung richten: Jetzt gleich befreit sein von der Last eines weiteren Verfahrens oder wirklich Recht einzufordern mit ungewissem Ausgang? Man wählte die Einstellung des Verfahrens. Man wählte die „Aufwärmstube Nürnberg“, der die 500 Euro zugute kommen sollen. Immerhin, auch ein Trost!

So endete der Prozess gegen den Juden Larry Zweig mit der Einstellung des Verfahrens. Der Vorwurf einer staatsgefährdenden Tat, zumindest gegen die so wichtige Staatsräson, bleibt bestehen ebenso das willkürliche Kujonieren des Protestes gegen die Kumpanei der deutschen Regierung beim Völkermord an den Palästinensern.

Zugleich sehen wir einen befreiten Larry, wieder fröhlich, unbelastet, dem wir für seine Standhaftigkeit, Ehrlichkeit und gute Moral danken.

Alles Gute, dir Larry.

Vor dem Prozess: Gut, wenn man einen starken Kumpel hat ...
Vor dem Prozess: Gut, wenn man einen starken Kumpel hat …
Nach dem Prozess: ... auch gut, wenn man viele schwache Freunde hat, die gemeinsam ebenfalls eine Macht sind!
Nach dem Prozess: … auch gut, wenn man viele schwache Freunde hat, die gemeinsam ebenfalls eine Macht sind!
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