Asylrecht ist Menschenrecht
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, so lautet der erste Artikel der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen.
Angesichts der Gräueltaten durch das nationalsozialistische Regime und den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde sie am 10. Dezember 1948 von den UN verabschiedet. In Paris stimmten damals 48 Staaten für die Erklärung, während sich acht Länder enthielten.
Das Dokument definiert die Rechte, die jedem einzelnen Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder politischer Überzeugung zustehen sollten. In den 30 Artikeln werden unter anderem das Recht auf Leben, das Recht auf die Abwesenheit von Sklaverei und Folter und das Recht auf Religionsfreiheit festgeschrieben. Ebenso wird für alle Menschen Gleichheit vor dem Gesetz sowie Versammlungsfreiheit gefordert.
Stolze 77 Jahre ist diese Konvention alt, doch wir müssen feststellen: sie ist hochaktuell und man kann viele, viele Einzelthemen dazu ansprechen.
Ich wollte auf eines – die weltweite Flüchtlingsbewegung – eingehen.
2015 wurden auf Druck der demokratischen Bleiberechtsbewegung die deutschen Grenzen geöffnet. „Refugees welcome“: Eine Armada an Freiwilligen und vor allem regionale und kommunale Einrichtungen kümmerten sich um die Flüchtlinge, die unter Gefährdung ihres Lebens in Deutschland ankamen, hier Ruhe, Aufnahme und Schutz fanden.
Doch die Situation hat sich grundlegend verändert:
Inzwischen sind ca. 30.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken oder gelten als vermisst; die europäische Grenzschutzbehörde Frontex vollzieht an den Außengrenzen der EU lebensgefährliche Push Backs, ankommende Flüchtlinge werden inzwischen in Griechenland in Hochsicherheitslagern im Landesinnern regelrecht gefangen gehalten, Seenotretter wie Carola Rackete werden kriminalisiert und vor Gericht gestellt. Die Externalisierung – also die Durchführung von Asylverfahren außerhalb Europas – soll künftig laut dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem – kurz GEAS – möglich sein. England arbeitet daran, alle Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, wo sie sich selbst überlassen sein werden. Um nicht zu verhungern werden sie sich Bürgerkriegsmilizen anschließen müssen, was die Lage nur noch weiter verschärft.
Laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat sind derzeit mehr als 100 Millionen auf der Flucht – ein Rekordwert in der Menschheitsgeschichte. Die meisten fliehen innerhalb eines Landes oder in ihre direkte Nachbarländer. Nur ein Bruchteil erreicht überhaupt noch Europa.
So leben beispielsweise in der Türkei bei einem Ausländeranteil von 1,8 Prozent laut Schätzungen von Statista, und dem European Court of Auditors mehr als 4 Millionen registrierte Flüchtlinge. Ein großer Teil davon, nämlich über 3,2 Millionen, sind Menschen syrischer Herkunft, ergänzt durch Personen aus Afghanistan, dem Irak und dem Iran.
Was sich dazu an Flüchtlingsdramen auf dem gesamten amerikanischen und asiatischen Kontinent abspielt, bekommen wir allenfalls am Rande mit.
Die Flüchtlingsbewegung wird von rechten politischen Kräften sowie von Faschisten wie von der AfD in Deutschland zunehmend als Vorwand und Sündenbock genutzt, um eine menschenfeindliche Politik zu entwerfen, die Bevölkerung zu spalten und für eine weitere verschärfte Rechtsentwicklung zu gewinnen.
So gab Innenminister Dobrindt am 18. Juli dieses Jahres den Startschuss für Abschiebungen nach Afghanistan – Folge eines Deals mit den afghanischen Taliban. Ein erster Abschiebeflug startete von Leipzig aus nach Kabul. Regelmäßige Abschiebungen werden inzwischen durchgeführt.
Wir alle wissen, dass die menschenrechtliche Lage in Afghanistan katastrophal ist. Amnesty International mahnt: „Außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen und Folter“ seien dort an der Tagesordnung, von Rechten für Frauen und Mädchen mal gar nicht gesprochen.
Kurz darauf – am 22. Juli 2025 – wurde eine jesidische Familie, die vor dem Genozid der Terrormiliz IS nach Brandenburg geflüchtet war, in den Irak abgeschoben – und das, obwohl sie am selben Tag mit einem Eilantrag gegen ihren abgelehnten Asylbescheid erfolgreich war.
Leider ließen sich noch sehr viel mehr Beispiele finden.
Unerträglich finde ich, dass an der Frage von Asyl, Flucht und Migration gefährliche Wortschöpfungen kursieren. Was soll denn bitte schön „illegale Migration“ sein? Hätten die Flüchtlinge Reisepapiere und ein Visum, wären sie Touristen!
Eine andere Kreation sind „Rückführungszentren“. Verkauft als „sichere Zentren“ außerhalb der EU, wohin abgelehnte Asylbewerber künftig gebracht werden sollen. Nicht die Flüchtlinge sind dort „sicher“! Sicher ist damit nur die EU vor Flüchtlingen!
Ich frage mich: Was soll da noch alles kommen?
Wenn wir nicht couragiert für ein Recht auf Flucht und ein Asylrecht auf antifaschistischer Grundlage und als Individualrecht eintreten, werden sich Zustände wie in den USA entwickeln, wo Spezialeinheiten Jagd auf Migranten machen, sie vom Arbeitsplatz weg verhaften, internieren und schließlich skrupellos abschieben. Erst am 28.11.25 verkündete Trump großspurig, dass er dafür sorgen wird, die USA „flüchtlingsfrei“ zu machen: „Ich werde Migration aus allen Dritte-Welt-Ländern dauerhaft stoppen“ (FAZ vom 28.11.25). Zudem werden sämtliche staatliche Leistungen eingestellt und er rät europäischen Regierungen, es ihm nach zu tun.
Wir sagen: Nein!
Diese Welt gehört allen Menschen!
Dieser Grundgedanke muss uns Ansporn sein, eine Spaltung in Menschen erster, zweiter oder gar dritter Klasse zuzulassen.
Menschenrechte sind nicht teilbar oder dosierbar. Entweder gelten sie für alle oder für keinen!
Ein Leben zu ermöglichen, in dem wir sicher und angstfrei vor Diskriminierung, rassistischen Anfeindungen, politischer Verfolgung, Krieg und Unterdrückung leben können.
Ein Leben, in dem Hunger und Armut, Raubbau an Mensch und Natur Geschichte sind.
Ein Leben, das auch künftigen Generationen eine lebenswerte Perspektive gibt.
Oder wie Nazim Hikmet sagt:
Leben – einzeln und frei wie ein Baum
und brüderlich wie ein Wald,
das ist unsere Sehnsucht.




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