Aktueller Bericht von unseren Partnern auf Lesbos
1. Aktuell sind im neuen Camp Kara Tepe 9.398 Flüchtlinge. Alle wurden getestet. 243 waren positiv und werden in extra Zelten in Quarantäne untergebracht. Was aber nicht heißt, dass das Lager sicher ist. Denn 2334 Kinder unter 10 Jahren wurden nicht getestet.
Das Camp, sagen die Flüchtlinge, hat Vorteile und Nachteile. Als Vorteil sagen alle dass sie Zugang zum Meer haben und die Frauen und Kinder fühlen sich sicher durch die Polizei, die im Lager ist. Seit dem gab es keine Vergewaltigungen an Mädchen und Frauen und die Kinder werden wie in Moria nicht für kriminelle Zwecke missbraucht. Die Zelte sind auf den Erdboden gesetzt. Noch ist nicht kalt. Hier gibt es kein Holz. In Moria konnten sie in den Wäldern selber Holz sammeln, heizen, Essen kochen und sich wärmen.
Essen gibt es nur einmal pro Tag. Die Qualität ist nicht gut. Deshalb sind wir dran, dass die Familien selber die Möglichkeit bekommen zu kochen. Dazu sind wir dran dass in großen Zelten Kochmöglichkeiten aufgebaut werden und Reis, Gemüse Salz usw. zu organisieren und verteilen. So geht es nicht, dass die Kinder nur einmal was zu essen haben.
Es gibt chemische Toiletten und Duschen. Das reicht aber weitem nicht aus vor allem bei Duschen. Hier haben wir vor Duschen auf einem LKW wo Duschkabinen drauf sind und 2- bis 3-mal am Tag frisches Wasser geholt wird.
Ebenfalls wollen wir Holz kaufen damit sie sich, wenn die Kälte anfängt sich Feuerstellen bauen können und sich aufwärmen können.
Wir verteilen kaltes Wasser in Flaschen und organisieren, dass wenn die Kinder die leeren Flaschen zurückbringen dafür eine neue frisches Wasser Flasche erhalten. Das kommt gut an.
Es gibt sehr viel zu tun. Das Camp sauber machen Müll wegbringen. Ich habe mit der Gemeinde ausgemacht, dass jeden Freitag die Gemeinde einen Ort bestimmt, wo sauber gemacht werden muss und dazu freiwillige Flüchtlinge das durchführen. Diese Aktion kommt bei der einheimischen Bevölkerung aber auch bei den Flüchtlingen gut an. Sie kommen ganz stolz und zufrieden zurück.
Wir haben ein schönes großes Zelt für die Nähmaschinen von den Couragefrauen bekommen und da wird ständig gearbeitet. Das ist zum Treffpunkt der Frauen und Mädchen geworden. Es ist kein Zufall, dass sie gerettet wurden. Wir haben ständig das wachsende Gras weggemacht und einen Graben drumherum gemacht. Was mich sehr stört, dass keine Bildung stattfindet. Das ist für alle aber besonders für die Kindern sehr schlecht. Wir haben dafür kein Zelt bekommen. Wir haben vor selber ein Zelt am Rande vom Lager aufzubauen und eine Schule aufmachen.
2. Aus den alten Registrierungen fehlen 2000 Flüchtlinge. Die Menschen waren da, aber wo sind sie. Ich sehe hier drei Gründe dazu. Es gibt sicher noch einige die sich in den Wäldern verstecken. Es ist auch möglich das einige es geschafft haben schon länger aufs Festland zu kommen. Aber es ist auch möglich dass Beamte mehr angegeben haben und so mehr Geld zur Verfügung gestellt wurde und das Geld seine dunklen Wege genommen hat.
Es werden täglich Flüchtlinge aufs Festland gebracht. Sie wollen das Lager Kara Tepe für 6 Monate halten. Dann wollen sie und die EU ein neues Lager aufbauen. In Lesbos unter der Führung der EU das für 8000 ausgelegt ist. Deshalb bringen sie täglich Flüchtlinge aufs Festland. Die griechische Regierung und der Regionalregierungspräsident haben sich geeinigt und haben schon einen Platz gefunden, und wie ich vermutet habe, wird es im Lesbos sein. Ich erfahre nächste Woche, wo das sein wird. Die Flüchtlinge, die einen Asylpassus haben werden in Athen auf die Straße gesetzt. Die meisten schlafen in den Parks und haben kein Schutz und die meisten hungern. Sie kehren wieder nach Lesbos zurück. Täglich kommen mit den Schiffen 20-30 Flüchtlinge von Moria. Im September waren es insgesamt 400. Die meisten bauen neue Zelte auf der verbrannten Erde von Moria. So sieht die EU-Asylpolitik aus.
Mich und vielen Insulanern ärgert es sehr, dass Merkel Erdogan gelobt hat dass er in der Lage ist mehrere Millionen Flüchtlinge zu halten und die verantwortlichen von Lesbos sind nicht mal in der Lage mit 14.000 klar zu kommen. Wie menschenverachtend ist die EU-Flüchtlingspolitik. Sie sind doch die Brandstifter und nicht die Menschen hier. Die Insulanern haben ein riesengroßes Herz für die Flüchtlinge gehabt und haben es immer noch. Die Hauptseite ist die Solidarität und nicht der faschistische Mopp wie es von den Medien immer im Mittelpunkt gerückt wird. Am 06.10. findet eine antifaschistische Kundgebung und Demonstration in Mytilene unter der Losung: Faschisten einsperren und Solidarität mit den Flüchtlingen.
Wir haben entsprechend dem System der Selbstorganisation auch in Leros
ähnliche Selbstorganisationen aufgebaut. Dasselbe wollen wir auch in Samos unterstützen. Deshalb fahre ich nächste Woche dahin. Wir bekommen hier so viele Sachspenden, dass wir Schlafsäcke und Decken auch in die Lager von Leros und Samos hinbringen.
Grüße alle herzlichst von mir. Michalis