Die Rede in Ellwangen:
„Jeder hier kann sich noch an den riesigen Polizeieinsatz im Mai 2018 mit 600 martialisch ausgerüsteten Einsatzkräften und Hunden, die in der LEA einfielen erinnern. Die einzelnen Häuser in der LEA wurden abgeriegelt, damit die Bewohner nicht sehen konnten, was insgesamt geschah. Alle Flüchtlinge, Frauen, Kinder und Männer hatten große Angst – auch die Männer von der Security! Ihnen wurde das Gefühl vermittelt Kriminelle zu sein.
In der Nacht haben Polizisten nicht verschlossene Türen eingetreten, Flüchtlinge sprangen vor Angst aus den Fenstern, dabei verletzten sie sich z.T. schwer meistens an den Beinen. Männliche Flüchtlinge wurden zu Boden geworfen und bekamen Stiefel in den Nacken gestellt. Meine Frau traf am nächsten Tag auf Flüchtlinge in der Innenstadt – sie hatten überall Blessuren.
Wenige Tage nach diesem Vorfall organisierte Alassa M. gemeinsam mit anderen Flüchtlingen eine friedliche Protestdemonstration in Ellwangen. Sie wandten sich unter der Losung „Viel wurde über uns geredet. Jetzt reden wir. Wir sind Flüchtlinge – keine Kriminellen“ an die Öffentlichkeit.
Dieses selbständige und selbstbewusste Auftreten der Flüchtlinge konnte das Innenministerium in Stuttgart offensichtlich in Absprache mit dem Bundesinnenministerium so nicht stehenlassen. In einer Art Strafexpedition wurde Alassa M. unter brutalen Umständen kurz nach dieser Demonstration nach Italien abgeschoben.
Hier wurde jemand mit Abschiebung bestraft, weil er das Selbstverständliche gemacht hat, nämlich sein Recht wahrzunehmen, seine Meinung zu sagen und sich zu organisieren?
Das scheint zumindest die Absicht von Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu sein, der allein die hohen Kosten, den rechtswidrigen Missbrauch der Polizei zu politischen Zwecken und die Verstöße gegen Grund- und Menschenrechte zu verantworten hat. Das baden-württembergische Innenministerium reiht sich damit ein in die ganze Rechtsentwicklung der EU-Behörden.
Die „Grenzschutzorganisation“ Frontex stößt mit illegalen „Push-backs“ anlandende Boote mit Kinder, Alte, Frauen zurück ins Meer. Dass sie ertrinken, nehmen die Offiziellen der Organisation und die beteiligten Regierungen der EU bewusst in Kauf.
In den Lagern der EU – wie unter anderen in Lipa/Bosnien, Kara Tepe/Lesbos – müssen Menschen, die vor Krieg, Terror und Unterdrückung fliehen, unter unwürdigsten Bedingungen hausen. Millionen Euro Hilfsgelder der EU versickern in dubiosen Unternehmen, ohne dass die Behörden deren Leistungen kontrollieren.
Hilfe bietet dagegen die große Unterstützung durch Geld- und Sachspenden der einfachen Menschen in der EU zusammen mit der Selbstorganisation der Flüchtlinge: Mit den wenigen Spendengeldern leisten sie Großartiges, organisieren ihr Leben, reparieren, nähen für sich und die Bevölkerung, sie sammeln Müll, tauschen Plastikflaschen zum Recyclen gegen Lebensmittel und kochen in einer Suppenküche für sich und die arme Bevölkerung in der Umgebung des Lagers.
Den Flüchtlingen stehen die vollen Menschenrechte zu.
Die werden ihnen aber verwehrt, solange die EU ihre „Abschreckungspolitik“ fortsetzt. Haben Menschen, die um Hilfe bitten, die auf der Flucht sind, nur eingeschränkte Rechte?
„Solidarität International e.V. (SI)“ unterstützt, dass die Menschen selbst zu Wort kommen – in den Lagern an den EU-Außengrenzen und auch hier – wie im Falle von Alassa M. SI unterstützt die Klage des Mitglieds des „Freundeskreises Flüchtlingssolidarität in SI“ und ist stolz auf diesen Freundeskreis. Um solche berechtigen Prozesse führen zu können, unterhält SI einen Hilfsfonds. Wer den Prozess finanziell unterstützen möchte, kann hier spenden.“