Du betrachtest gerade Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität berichtet von Aktion in Dresden
  • Lesedauer:5 min Lesezeit

Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität berichtet von Aktion in Dresden

Liebe Leute, heute beteiligten wir uns vom Freundeskreis Flüchtlingssolidarität an einer gemeinsamen Aktion der „Seebrücke“ Dresden, Mission Lifeline, Flüchtlingsrat, Solidarität International und weiteren im Rahmen der Wochen gegen Rassismus unter dem Motto „Damit ‚Rassismus zur Sprache bringen‘ kein Lippenbekenntnis“ bleibt. Im Zentrum standen die Kritik an der inhumanen EU-Flüchtlingspolitik sowie, dass die Stadt Dresden trotz vieler Beteuerungen bis heute verweigert, die Erklärung „Sicherer Hafen“ zu unterzeichnen. Es wurde (corona-gerecht) mitten in der Stadt an den Stufen der Dresdner Frauenkirche ein Teppich von Transparenten und Forderungen ausgebreitet, Briefe aus Moria verlesen und bewegende Redebeiträge gehalten. Viel Zustimmung und Applaus von den rd. 80 TeilnehmerInnen und weiteren Passanten bekam auch ein engagierter Beitrag von Pius, der im Namen des Freundeskreises sprechen konnte: Guten Tag meine Damen und Herren! mein Name ist Pius O.. Ich bin Bürger der Bundesrepublik Nigeria und nun Einwanderer in der Bundesrepublik Deutschland. Zunächst möchte ich der deutschen Regierung, der EU-Regierung, der UN-Behörde aufrichtig danken, dass sie uns zunächst als Einwanderer akzeptiert haben. Ich bin heute hier, um im Namen des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität zu sprechen. Ich möchte auch der Organisation Seebrücke danken und meinen Respekt aussprechen, dass sie uns diese Plattform gegeben hat, um uns an die Dresdnerinnen und Dresdner zu wenden. Wir wollen die Dresdnerinnen und Dresdner wissen lassen: Wir sind Flüchtlinge, wir sind keine Kriminellen. Wir sind Flüchtlinge, wir sind keine Diebe, Wir sind Flüchtlinge, wir sind kein Ärgernis. Wir sind Flüchtlinge, wir sind nicht unverantwortlich. Wir sind Flüchtlinge, wir sind keine Menschen zweiter Klasse in der Gesellschaft. Wir sind Flüchtlinge, wir sind keine Feinde. Wir appellieren an die Menschen in Dresden, uns zu akzeptieren. Jetzt wollen wir über unsere Situation als Einwanderer berichten. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass uns die Situation als Einwanderer hier in Deutschland nicht schmeckt. Die Situation hat einige von uns unverantwortlich und drogensüchtig werden lassen. Die Situation hat viele von unseren Visionen und Zielen zerstört. Jemand, der auf dem Weg war, IngenieurIn zu werden, wird „Reinigungskraft“, weil er oder sie keine Papiere hat, um die Ausbildung professionell fortzusetzen. Außerdem hat die Situation drohender Abschiebungen dazu geführt, dass viele von uns den Fokus beim Erlernen der Sprache verloren haben, Das hat viele Barrieren für uns geschaffen. Für die meisten von uns ist es so schwierig, einen Job zu bekommen, weil wir die Sprache nicht sprechen können! Die Situation hat viele von uns in eine Depression gestürzt, einige von uns haben ihren Verstand und ihren Sinn für das Denken verloren. Viele sind psychisch labil. So viele von uns sind Opfer von Rassismus und Racial Profiling geworden. Ich persönlich bin ein Opfer von Rassismus und Racial Profiling. Es braucht viel Kraft, um das Trauma zu überwinden. Besonders als schwarzer Einwanderer ist das ein großes Problem. Wir sind mit verschiedenen Situationen konfrontiert. Die Situation hat viele von uns gezwungen, über ihre Persönlichkeit zu lügen, weil wir wollen, dass uns Asyl gewährt wird. Einige von uns müssen vorgeben, lesbisch oder schwul zu sein, auch wenn es nicht stimmt – nur weil wir geschützt werden wollen. Zu sagen, dass man aus anderen Gründen verfolgt wird, reicht nicht mehr aus. Andere wiederum werden in ihrem Land als Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft (lesbisch, schwul, bi, transgender, queer) verfolgt und müssen aus dieser Situation fliehen. Diese Wahrheit muss gesagt werden! Bei den meisten von uns wurde der Asylantrag abgelehnt, weil man sagt, wir kämen aus einem sicheren Land. Wie definieren Sie ein sicheres Land? Ein Land, in dem es keinen Frieden gibt? Ein Land, in dem es keine Gerechtigkeit für die Armen gibt? Ein Land, in dem es keine Gleichberechtigung gibt? Ein Land, in dem Opfer keine anerkannt und geschützt werden? Ein Land, in dem Menschen Polizeigewalt erfahren? Ein Land, in dem die Menschen unter Terror und Banditenüberfällen leiden? In Nigeria sind wir z. B. mit dem Terrorismus von Boko Haram und den ‚Fulani-Handlangern‘ konfrontiert. Menschen werden tagsüber entführt, Schulkinder werden aus ihren Schulen entführt. Überall herrscht Unsicherheit. Ich war ein Opfer des Angriffs der Fulani Handmen in einer der Gemeinden in Nigeria, wo ich auch meinen Onkel verloren habe. Trotzdem wird mein Land als sicheres Land bezeichnet. Selbst die einfachsten Grundbedürfnisse der Menschen werden von der Regierung nicht beachtet. Ein Land, in dem unbewaffnete Jugendliche erschossen wurden, weil sie auf die Straße gingen, um für ihr Recht zu protestieren. Die ganze Welt wusste von dem Massaker, das am 20. Oktober 2020 am Lekki Toll Gate in Lagos/Nigeria geschah, und niemand wurde von der Regierung zur Rechenschaft gezogen. Die Familien der Opfer und alle leben in Schmerz und Qual. Dennoch wird das Land als ein sicheres Land bezeichnet. Wir sind heute hier, um Nein zu sagen zu Rassismus. Wir sind heute hier, um Nein zu sagen zu rassistischen Übergriffen. Wir sind heute hier, um Nein zum Faschismus zu sagen. Wir sind heute hier, um Nein zur Abschiebung zu sagen. Wir sind heute hier, um Nein zu sagen zur Einstufung unsicherer Länder als sichere Länder.

Drucken